• Folge 12 - Bipolares Potential
    Mar 13 2024
    Was mir geholfen hat: 1. hohe Selbstreflexion durch 20 Jahre Therapieerfahrung - unterwegs zu mir selbst begleitet durch mein Studium der Literatur und Geschichte - Erfahrung, wie ich mit anderen Menschen umgehe - nie Streit im Berufsleben, Schülern und Eltern - keine Stigmatisierung mit Psychotante etc. - meine Fehlzeiten, waren Zeiten, in denen ich andern fehlte - Sie freuten sich, wenn ich zurückkam 2. in die Wiege gelegt meine rheinische Frohnatur gepaart mit einer guten Priese Humor 3. erste Schritte zurück ins selbstbestimmte Leben - amtsärztliche Untersuchung ergab weiter zwei Jahre Dienstunfähigkeit - Ich begann sofort daran zu arbeiten: - raus aus dem Haus meiner Mutter in eine neue Wohnung - altes weggegeben oder weggeschmissen, behalten, was ins neue passt - weiter mit der online Sprachschule 4. Fast wie früher nur ganz anders: - Ich wurde gefragt, ehrenamtlich einen Deutschkurs für Kinder anzubieten - In diesem Zusammenhang haben ich Leute kennengelernt: „Mensch warum machst du nicht Integrationskurse als Deutschlehrerin und melde dich doch mal bei …“ - Zulassung vom Bundesamt für Migration seit sieben Jahren in meinen Unterlagen - Ich konnte dann sofort loslegen - Mir half meine Lebenseinstellung mit Kreativität, das Reisen an andere Orte mit Erlernen der jeweiligen Sprachen - größere Empathie mit Geflüchteten, die vertrieben sind aus ihrer Heimat durch Krieg - ein großer Gewinn für mich und andere 5. Abschied von Zypern - Ich musste den Verkauf der Wohnung dort organisieren - Meine Sprachkenntnisse und Verhandlungsgeschick halfen mir auch hier! - Meine Eltern und ich haben eine Beteiligung am Veräußerungserlös vereinbart - Das Schild „Verkauft“ hing nach kürzester Zeit an der Wohnungstür! 6. Wegen der Beteiligung bin schuldenfrei, noch was auf dem Konto übrig und endlich wieder ein Auto statt ausschließlich Fahrrad und Öffentliche, Freiheit in der Eifel! 7. Ein Traum wird wahr - eine kreative Freundin aus der Selbsthilfegruppe hat die Möglichkeit entdeckt, über „trusted house“ kostengünstig nach Washington DC und New York zu reisen zu organisieren - aus den Katakomben des Städtischen Klinikums hoch auf das Empire State Building - mein Moment mit Tränen voller Glück Mein Fazit: - Ich bin 52 Jahre, davon habe ich 45 Jahre ohne Erkrankung gelebt, ich bin nun stabil - Ziel des Podcasts ist es zu entstigmatisieren - Bipolare sind in der Regel nicht für andere gefährlich - Angehörige und Freunde sind ebenfalls schwer betroffen - Bipolare zerstören ihr eigenes Leben und wachen mit Schuldgefühlen im Schutt auf. - Die Presse schlachtet das Schicksal von Kayne West und Britney Spears aus. Das ist nicht die Realität - Die überwiegende Mehrheit der Bipolaren kann ein gutes Leben führen. - Die Diagnose ist schwierig. Im Schnitt dauert es 8 Jahre. - Geht zum Arzt! Es gibt nicht die Bipolare Störung, jede, jeder hat seine eigene! - Forscht sucht, geht in den Austausch mit anderen - Dieser Podcast soll ein Mutmacher sein für andere Menschen mit der Diagnose - Immer ist das Outing ein Thema. Ich nenne meinen Klarnamen und erzähle meine Geschichte. Das hängt immer vom Einzelfall und der jeweiligen Lebenssituation ab. - Muss ich mich verstellen oder wo finde ich Hilfe? - Was ist mein Potential? Wie bekomme ich die Kontrolle über mein Leben zurück? - Mein Mut ist zurück, ich bin freier, gestärkt, wenn mal wieder eine Widrigkeit kommt - Wenn die Depression mit Suizidgedanken kommt, lohnt es sich, diese auszuhalten - aus den Katakomben des Städtischen Klinikums hoch auf das Empire State Building - in Karlsruhe alles verloren und Happy End in der Eifel - Corona verhinderte Interviews mit anderen Menschen für eine zweite Staffel - Philipp wurde verurteilt und nach Nigeria abgeschoben, er hat überlebt - Mein Hochzeitskleid hängt im Keller, ich bin immer noch unverheiratet - natürlich hätte ich mir das anders gewünscht - aber ich bleibe meinem Lebensmotto treu aus dem was ich habe, das Beste zu machen
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    37 mins
  • Folge 11 - Zurück im Leben
    Jan 24 2024
    In dieser Folge spreche ich darüber, was mich überwiegend zufrieden und glücklich machte: - Liebe zu Sprachen, - die Pension - Selbsthilfegruppen - radikale Krankheitseinsicht - Was ist mein Charakter, was die Krankheit, - mein Outing 2019 im Winter in der Eifel, Karlsruhe aufgelöst, Freunde weit weg, kein Auto. In der Eifel zwei, drei gute Kontakte. Starre! Suche nach dem Sinn, was macht mir Freude? Sprachen Griechisch, Polnisch, Englisch. Ich suchte eine Sprachschule und fand eine, die auch online Deutsch als Fremdsprache lehrte. Ein neuer Job als Onlinetutorin! Ich konnte mir meine Arbeitszeiten frei einteilen, die Stunden am Tag und in der Woche mit der Möglichkeit, 24 Stunden vorher abzusagen. Corona sicherte meinen Arbeitsplatz, aber virtuelle Begegnungen ersetzen keine echten wie bei meiner jetzigen Tätigkeit. Ich bin mit meiner Frühpension und dem Zuverdienst privilegiert. Für andere Menschen ist nicht nur die Gesundheit betroffen sondern auch das Einkommen mit Gefahr für Altersarmut. Man kann eine teilweise oder volle Erwerbsunfähigkeitsrente beantragen. Der Medizinischen Dienstes prüft aus Unkenntnis über die Bipolare Störung nicht immer zum Vorteil der Betroffenen, die oft den Rechtsweg einschlagen müssen. Früh erkrankt, wenig gearbeitet, hohe Fehlzeiten führen zu geringen Renten bis ins Alter. Meine soziale Teilhabe ist im Gegensatz zu Menschen ohne weitere Absicherung gut, bei sozialen Aktivitäten wie Essen gehen, in den Urlaub fahren etc. Von der Klinik zu meiner Selbsthilfegruppe Bipolar Karlsruhe, die mich jahrelang unterstützt hat, nicht zuletzt mit dem Podcast. Zwei Treffen bei Anwesenheit, ab Corona einmal im Monat via Skype und lockeres Gruppencafé. Zwei Stunden erzählen, zuhören und unterstützen. Während eines Onlinetreffens (ich aus der Eifel) entstand dann auch die Idee zum Podcast. Vor Ort fand ich zusätzlich eine Gruppe mit zwei Terminen im Monat. Alles zusammen Stabilität. Mitentscheidend war aber die radikale Akzeptanz meiner Erkrankung: Bücher, Informationen z.B. auf der DGBS Internetseite. Meine Erlebnisse waren typisch für die bipolare Störung. Ungeschützter Sex mit vielen Partnern, viel zu viel Geld ausgeben, Schulden, Arbeitsplatzverlust mit Hausverbot. Was ist mein Charakter? Was ist die bipolare Störung? Geholfen hat mir mein Outing vor den Personen, die es betrifft und die sich dafür interessieren. Im Gegensatz zu Zypern habe ich Menschen in der "rückständigen Eifel" getroffen, die sehr viel Verständnis dafür haben. Die Themen meiner Erkrankung sind in der deutschen Gesellschaft angekommen, egal ob auf dem Land oder in der Stadt. 2020 habe ich mit meinem Projektpartner Michael in der Eifel zusammen gesessen und rumgesponnen. Was Christian Drosten kann, kann ich auch in online Interviews im Podcastformat probieren. Corona grätschte dazwischen. Deshalb meine Geschichte. Vielleicht gibt es eine Staffel 2 mit den anderen tollen Menschen, mit so vielen Talenten und Potenzial sei es musikalisch, literarisch, gestalterisch.
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    25 mins
  • Folge 10 - Die neue Stabilität
    Jan 10 2024
    Wo stehe ich jetzt? Diese Folge behandelt mein Leben in neuer Stabilität nach den mittleren Katastrophen in der Manie. Ich habe keine Schulden mehr! Ganz im Gegenteil ich nenne ein Auto mein eigen und habe sogar finanzielle Rücklagen, sowie eine eigene (Miet-)Wohnung, mein Ruhepol und Wohlfühlort. Meine neue Arbeit macht richtig Spaß, ich verdiene sogar gutes Geld zu meiner Pension hinzu. Mein Freundeskreis trägt und stabilisiert mich, meine Familie ist da. Seit 2019 bin ich stabil und habe vor allem keine Manie mehr gehabt. Mein Erfahrung als Lehrerin hilft sehr beim Unterricht von Deutsch als Fremdsprache in Integrationskursen. Ehrenamtlich tätig bin ich auch in der Flüchtlingsarbeit und im Sportverein. Der Fokus liegt aber im Moment beim Podcast. Viel gelernt in digitaler Technik, völlig neu und völlig spannend. Allerdings fehlen mir Partnerschaft und Kinder. Manchmal denke ich mir allerdings auch, es ist gut so. Keine Belastung für mich und andere. Karlsruhe ist auch nicht mehr mein zweites zu Hause, das Leben hat sich ganz in die Eifel verlagert. Die Medikation, die ich seit über vier Jahren nehme, schränkt mich ein, sie macht müde. Ich muss mich öfter zurückziehen und schonen. Ich habe wie viele Gewichtsprobleme nach oben und nach unten. Zu Beginn der neuen Lehrtätigkeit musste ich viel leisten. Ich konnte mich kaum bewegen und habe mich ungesund ernährt, vor allen Dingen mit Schokolade. Übergewicht ist nun die nächste Baustelle. Nach drei Jahren habe ich eine Psychiaterin meines Vertrauens gefunden, die mich mit Medikamenten versorgt, nach vier Jahren eine Therapeutin, die mich gut unterstützt. Meine Medikamentencocktail sieht wie folgt aus: Blutdrucksenker, ein leichtes Antidepressivum, Larmotrigin als Stimmungsstabilisator und Suizidvorsorge, ein niedrig dosiertes atypisches Neuroleptikum als Antimanikum zum Abend und, wenn ich nicht schlafen kann, ein Schlafmittel. Das soll mir helfen, die Spirale von Anspannung und Überreizung zu durchbrechen, indem ich ausreichend und erholsam schlafen kann. Neben den Medis hilft mir ein geregelter Biorhythmus mit gleichmäßigen Aufstehen und Nachtzeiten, eine Phase zu verhindern. Die bipolare Störung ist nicht heilbar. Deshalb muss ich die Medikamente mein Leben lang nehmen, mein Damoklesschwert - eine neue Phase. Oft gibt es äußere Einflüsse als Auslöser einer Phase, oft aber auch gar nichts. Die Bipolare Störung und deren Behandlung ist im Vergleich zu anderen Erkrankungen wenig erforscht. Man weiß, dass einzelne Medikamente - wie Lithium - einen hohen Wirkungsgrad haben, was seit Mitte des 20. Jahrhundert bekannt ist. Ansonsten ist die bipolare Störung nicht so häufig, dass die Pharmaindustrie Interesse hat, daran weiter zu forschen. Forschungsprojekte kommen in der Regel von der öffentlichen Hand. Ich habe wegen meiner Erkrankung ein Schwerbehindertenausweis mit 40 GdB was mir einen zusätzlichen Steuerfreibetrag einbringen. Um nicht wieder zum Schuldienst zurückzugehen, hat das Gesundheitsamt angeordnet, dass ich nur zehn Stunden arbeiten darf, was weniger als eine halbe Lehrerstelle ist. Außerdem arbeite ich mit Erwachsenen zusammen. Kinder wären im Falle einer meiner Phasen vielleicht gefährdet. Ich behaupte, dass ich darauf achten würde, dass es nicht passiert. Aber eins weiß ich genau, ich würde mich wieder überanstrengen und damit eine Phase auslösen.
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    21 mins
  • Folge 09 - Totalschaden
    Dec 27 2023
    Thema dieser Folge ist mein Abkippen aus der Manie in die Depression innerhalb von nur zwei Wochen, brutal abgestürzt aus einem Höhenflug. Das ist extremer als aus einer normalen Stimmungslage heraus. Große Schuldgefühle, dass ich Philipp „in den Tod schicke“. Meine Anzeige, die Verhaftung dann die Abschiebung. Immer wieder derselbe Gedanke: Ich bin schuld. Mir fehlte die Luft zum Atmen. Meine Familie machte die klare Ansage: „Wenn du Philipp Geld gibst oder ihn heiratest, brechen wir die Kontakte ab“. Sie hatte Angst um mich und um sich selbst. Das war die richtige Ansage, weil sich Rechnungen, Mahnungen und Inkasso Briefe bereits stapelten. Ich hatte Philipp über 1.000 EUR geschenkt, ihn eingekleidet und ausgeführt. Mir wurde bewusst, wie hoch meine Schulden waren, nachdem ich mit der Sozialarbeiterin die ersten 20 Briefe geöffnet hatte. Mir fehlten die Einnahmen. Frühpensionierung ist halbes Einkommen. Die Beratung zur Privatinsolvenz ergab, dass ich als Beamtin auf Lebenszeit und 25000 € Schulden kein Insolvenzverfahren beantragen musste. Die Sozialarbeiterin hat mit ihrer falschen Auskunft meine psychische Situation verschlechtert. Der Vorschlag der Sozialarbeiterin mit dem Chefarzt der Psychiatrie war völlig abstrus, ich solle mir für die Wohnung zwei Mitbewohnerinnen suchen - aus der Psychiatrie heraus? Zum Glück übernahmen meine Eltern die Miete für einige Zeit zur Hälfte. Familie und Freunde hatten mit meiner Wesensveränderung in der Manie sehr große Probleme bis auf eine einzige Freundin, die selbst psychiatrische Erfahrung gemacht hatte. Bruder und Schwägerin haben sich sieben Monate nicht gemeldet, keine Postkarte, kein gar nichts. Wie damit umgehen? Sie wussten es nicht. Die einzigen Menschen, die mich verstanden, waren zwei Bekanntschaften aus der Klinik. Das Leben gerettet haben mir beide Eltern, die an Ostern einige Tage blieben. Mama kochte, wir gingen täglich spazieren. Meine Mutter blieb sieben Wochen. Sie hat sich jeden Tag um mich gekümmert, so dass ich aus diesem stumpfsinnigen Alltag herauskam. Sie war aber immer gesund und fröhlich und konnte meine negative Gedankenspirale nicht nachvollziehen. Ich kam mit ihrer Unbeschwertheit nicht klar. Trotzdem haben sie mir das Leben gerettet. Weitere Einsamkeit hätte zu stärkeren Suizidgedanken geführt. Ich hatte drei oder vier Monate jeden Tag den Druck mich umzubringen. Vor die Straßenbahn laufen, Autos mieten oder kurzschließen, um an den Baum zu fahren. Ich war so gepeinigt. Ich durfte meine Arbeitsstelle nicht mehr betreten und die Frühpensionierung war eingeleitet. Alles stand in Frage: Studium, Beruf, Freundschaften. Eigentlich war alles kaputt, echt ein Totalschaden! Wo sollte ich bleiben? Viele Betroffene machen leider ähnliche Erfahrungen. Richtig brutal bei der Landung in der Realität. Abgrundtiefe Schuldgefühle. Hausverbot und die Frühpensionierung waren eine Katastrophe, ich darf nicht mehr arbeiten - mit 48 Jahren wie das Ende. Schmerzhaft ist, dass das gesamte Umfeld dich danach beobachtet, ist sie normal oder tickt sie gleich wieder aus. Verspielte Freundschaften wie zu meiner Mitbewohnerin, die auch meine beste Freundin war. Es war klar, dass ich aufgrund meiner finanziellen Situation nicht mehr in Karlsruhe bleiben konnte, ich musste zurück in die Eifel. Stabilität, Finanzen und Kraft. Das Angebot, bei meiner Mutter zu wohnen, konnte ich vorübergehend annehmen. Eine eigene Existenz aufgebaut, 30 Jahre ein eigenes Leben und dann wieder zurück nach Hause? Eine Kleinstadt, in der ich eigentlich nichts zu tun hatte….
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    26 mins
  • Folge 08 - In Gefangenschaft
    Dec 13 2023
    Thema dieser Folge ist die tatsächliche Gefangenschaft Philipps und meine Gefangenschaft in der Erkrankung. Ich war in der Klinik und kämpfte - gefangen in Depression, Schuldgefühlen und Scham. Die Erlaubnis, Philipp im Gefängnis zu besuchen, hat sehr schnell dazu geführt, die Gedanken und Gefühle meiner Manie zu entzaubern. Die Festung Hohenasperg über der Stadt bei Ludwigsburg, ein Gefängnis angepasst an Menschen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Außen: dicke Mauern und ein kahler Innenhof wie im Straflager. Drinnen: Wärme im modernen Büro mit einem freundlichen Beamten. Dann wieder wie im Film: Durch eine Schleuse, hinten zu, vorne auf, wieder zu bis zu einem Flur, in dem ein Beamter Philipp und mich in ein Zimmer brachte. Es sollte Deutsch gesprochen werden. Einfache englische Sätze erlaubte der Beamte aber, soweit er sie verstehen konnte. Ich hatte mich aufs Gespräch gut vorbereitet. "Warum hatte ich die Polizei gerufen?" Drogen und Bargeld in der Tasche, in der ich Essen und Trinken mitbringen wollte. Er hatte mich damit reingezogen. Aber ich liebte ihn immer noch und wollte ihn nach wie vor heiraten mit der Segnung des Pfarrers im Gefängnis. Philipp staunte, der Beamte sagte nur, er wäre gerne dabei. Ich erzählte von meinem Zusammenbruch und der Klinik. Die Ärzte hielten mich für manisch. Nein, ich doch nicht!!!! Alles top, ich war dort nur wegen der Angst vor der Drogenmafia. Alles gut, Hochzeitskleid und Verlobungsring selbst gekauft, die Planung lief. Ich wollte ihn aus dem Drogensumpf herausholen. Er würde seine Strafe absitzen und dann ab in ein Zeugenschutzprogramm. Philipp war nicht wütend nur völlig irritiert und da war immer die große Hoffnung, nicht nach Nigeria abgeschoben zu werden. Gute Idee der Ärzte, den Realitäts- und Faktencheck machen zu lassen. Ich kam ein Stück weit aus der Manie herunter. Mein serbische Reisebegleiter war wegen eines Suizidversuches in der Psychiatrie und musste sich nach seiner Entlassung verstecken. Kein Problem: Meine Wohnung stand leer, er versorgte dafür die Katzen. Hier der Schlüssel für die Verandatür. Er gestand mir mehrfach seine Liebe. Dann stellte er sich vor mich hin und sagte: „Entweder wir haben Sex oder ich gehe!“. „Na dann geh lieber.“ Klare Kante trotz Parallelwelt. Mein Vater versorgte dann Wohnung und Katzen, so dass der enttäuschte Verehrer nicht mehr kommen konnte. Trotz allem ein Funken Menschenkenntnis, nicht Leute anzuschleppen, die es böse mit mir meinten. Menschen, die mich kannten, waren völlig irritiert und distanziert. Menschen, die mich nicht so gut kannten wie der Pfarrer und der Polizist im Gefängnis, waren eher zu überzeugen. Das klang alles realistisch und nachvollziebar, nur halt ungewöhnlich. Doppelte Gefangenschaft, Philipp in den Armen der Justiz und ich in meiner Erkrankung. Tragisch!
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    25 mins
  • Folge 07 - Der Klinikalltag
    Nov 29 2023
    In dieser Folge schildere ich meine Zeit auf der offenen Privatarztstation. Offen heißt nicht, dass ich kommen und gehen konnte, wann ich wollte. Ich musste zu allen Mahlzeiten und verordneten Therapien auf der Station sein, der Ausgang war auch bei schönstem Wetter bis 20 Uhr begrenzt. Meine Zimmernachbarin war nett, im selben Alter, auch Lehrerin, aber voll innerer Unruhe, oft unterwegs, so dass ich fast immer das Zimmer für mich allein hatte. Mit meiner abklingenden Manie fühlte ich mich ansonsten fehl am Platz unter depressiven Patienten allen Alters. Ich machte das Beste daraus. Ich nahm das Bad in Beschlag, zündete Kerzen an und rauchte bei lauter Musik. Der behandelnde Arzt vereinbarte mit mir einen Therapieplan: Kunst- und Ergo-(Betätigungs)therapie. Wegen des schlechten Gesundheitszustands und hohen Alters der Mitpatientinnen und Mitpatienten bestand die Sporttherapie im Zuwerfen von Luftballons oder ähnlichem. Die Gesprächs- und Gruppentherapie einmal pro Woche griff das persönliche Thema eines Patienten auf. Wer wie viel von sich preisgab, war jedem einzelnen überlassen. Teilnahme war Pflicht wie bei allen anderen Therapieeinheiten. Einmal die Woche hatte ich ein Einzelgespräch mit meinem Therapeuten sowie dem behandelnden Arzt. Zweimal die Woche fand die große Visite statt mit dem Personal der Station sowie dem Chefarzt. Ich saß mehreren Menschen gegenüber, die ich z.T. gar nicht kannte. Es war wie bei einer Prüfung. Es gab für mich nur einen wirklich guten Arzt, weswegen ich in der Klinik geblieben bin. Er hat beigetragen, mich aus der Manie herunterzuholen. Auch das Pflegepersonal war furchtbar nett aber überarbeitet, unterbesetzt und immer voll am Limit. Ich bin meist nicht hingegangen. Wenn man in seelischer Not ist, sollte Rücksichtnahme auf das Pflegepersonal eigentlich keine Rolle spielen. Ich fühlte mich im langen normierten Leerlauf ohne wirkliche Unterstützung, meinen Erlebnissen, Gedanken und Ängsten ausgeliefert. Ich hatte Angst, in meine 120 qm große Wohnung zurückzukehren, die nur 10 Minuten von der Klinik entfernt war. Alleine nur mit den zwei Katzen, keine Mitbewohner. Ich hatte keinen Platz mehr, an dem ich mich wohlfühlte.
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    24 mins
  • Folge 06 Bonus - In der Geschlossenen
    Nov 15 2023
    In dieser Bonusfolge kommentiert mein Projektpartner Michael meine Erlebnisse auf der geschlossenen Station der Psychiatrischen Klinik in Karlsruhe. Er ist Jurist, hat lange als Anwalt gearbeitet. Zwei Monate nach meinem Aufenthalt (2019) gab es zum Beispiel das Urteil zum Richtervorbehalt bei Fixierung. Michael gibt hier grundlegende rechtliche Hinweise zur Zwangseinweisung bzw. Unterbringung, Zwangsbehandlung und Zwangsmedikation mit Verweisen auf die entsprechenden Gesetze (GG, PsychKG etc.)
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    19 mins
  • Folge 06 - In der Geschlossenen
    Nov 15 2023
    In dieser Folge erzähle ich von meinen persönlichen Erlebnissen auf der Akutstation der Psychiatrischen Klinik in Karlsruhe. Ich galt ja quasi als „entlaufen“ und wurde deshalb auf die „geschützte“ Station der Klinik eingewiesen. Dort sollte ich für 4 Wochen festgehalten werden, am Ende waren es 10 Tage. Meine Erinnerungen sind subjektiv, getrübt von den typischen Erinnerungslücken der Manie, außerdem fehlt die Perspektive der Behandelnden. Aber einige Unterlagen belegen die Ereignisse. Ich völlig durcheinander, Amtsrichterin und Stationsarzt überlegten, wie langen sie mich hier einquartieren sollten. Vier Wochen? – auf gar keinen Fall! Zehn Tage? – na gut… Für mich gab es keinen schlüssigen Grund für die Geschlossene: keine Selbst- oder Fremdgefährdung! Aber die Manie ist voll von selbstgefährdenden Momenten… Viele Patientinnen und Patienten auf der Station so krank und hilfsbedürftig, wenig Pflegepersonal, für mich keine Genesung sondern eher eine weitere Traumatisierung in Sicht. Junge Frauen fixiert auf dem Gang oder in Isolierzimmern, Alkoholiker, Ex-Knackis, Psychotiker – eine irre Mischung! Ich völlig schockiert, Kette geraucht, den Gang rauf und runter gelaufen, gegessen, geschlafen und wieder geraucht. Kein Sportraum, kein Kunstzimmer, kein Ausgang in den Garten nur ein Gemeinschaftsraum und das Raucherzimmer. Keine wirkliche Therapie, keine Begleitung, alleine, sich selbst überlassen - Aufbewahrung und Medikamentenausgabe. Seit der Einweisung keinen Arzt gesehen. Wollte natürlich wissen, wie es weitergeht... Dann zufällig erfahren, wer meine Ärztin war, diese auf dem Gang getroffen, mich ihr wütend in den Weg gestellt und ein Behandlungsgespräch verlangt. Stattdessen: fünf Minuten später acht Pfleger, die mich auf einem Bett fixierten. Krach geschlagen und genervt - etwa eine halbe Stunde später hob der Oberarzt die Fixierung auf. Mit den Medikamenten bin ich wieder „runter gekommen“. Aber hohe Schäden: mein Handy und Geldbeutel geklaut – 800 € futsch, eine Traumatisierung durch die Erlebnisse auf der Station und Verlust des Vertrauens in diese Klinik und den Chefarzt. Sieht so eine „geschützte“ Station aus? Das war eher "Das Experiment". Ein Glück, wer Angehörige oder juristischen Beistand vor Ort hat. Nach einer Woche erster Ausgang, nach 10 Tagen Verlegung auf die offene Station.
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    30 mins